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Nachwort
Zum Schluß sei mir noch ein Wort zum Verhältnis von Geistes- und Naturwissenschaften erlaubt. Als emeritiertes Mitglied einer Naturwissenschaftlichen Universität kann ich
davon ein besonderes Lied singen.
Eine Ahnung von der diesseits gebundenen Zeit bekommen wir, wenn wir nachts die Sterne am Himmel betrachten. Was wir wirklich sehen ist die Vergangenheit von Millionen und Milliarden
von Jahren. Die Sterne in unserer Gegenwart aber sind für uns fernste Zukunft. Unsere irdische Gebundenheit an die Zeit hindert uns die Sterne gleichzeitig zu sehen. Schuld daran ist, daß auch das Licht, wie alles vom
Menschen wahrnehmbare, an die Zeit gebunden ist und eine endliche Geschwindigkeit hat. Dazu sagt Kant:
Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer Bewunderung und Ehrfurcht, der bestirnte Himmel über mir
und das moralische Gesetz in mir. (Kr. pr. Ver., Beschluß, 288).
Die Moral aber, die jedem Menschen eigen ist, das ist Gott in mir, das ist der Ausdruck Gottes durch mich.
Wie in der Quantentheorie und der Kosmologie die Physik zur Philosophie (Metaphysik) wird (Frank Steiner), wird am Anfang und Ende des Lebens die Biologie zur Theologie. Die Grenzen
zwischen Physik und Philosophie oder Biologie und Theologie können sich aber ändern mit dem Fortschritt des menschlichen Wissens und Erkennens. Die Grenze zeigt nur an, wo unser Wissen im Rahmen der Unendlichkeit endet. Diese
Grenze aber ist vom Menschen nur schwer zu erkennen. Das liegt einmal daran, daß jeder, auch Physiker, Philosophen, Biologen oder Theologen, diese Grenze vornehmlich von ihrem Standpunkt aus sehen, zum anderen aber auch daran,
daß jeder bestrebt ist, seinen einmal erlernten, erfahrenen und erworbenen Besitzstand zu wahren. Dies führt zu dem immer wieder auftauchenden Unverständnis zwischen Physikern, Philosophen, Biologen und Theologen und kann
nur durch Einsicht, fußend auf Kommunikation im fortlaufenden (Streit-) Gespräch miteinander, überwunden werden. Nichtkommunikation führt unweigerlich beide Seiten auf Irrwege, was im Laufe der Zeit oft genug geschehen ist
und auch heute noch geschieht. Für alle aber stößt die Natur im schwarzen Loch und der Singularität des Urknalls an eine unbegreifliche Grenze. Das, was vor Beginn des Lebens und was nach dem Tod geschieht, ist für uns
genauso unzugänglich, wie das Geschehen in einem schwarzen Loch des Universums. Hier enden unsere Naturgesetze.
Physik und Biologie haben ihre Domäne im Rahmen von Raum und Zeit in der materiellen Welt, wobei sie durch ihre Forschung diesen Rahmen immer weiter vergrößern. Hier gilt, was
Roger Bacon von der Wissenschaft gefordert hat:
Wissen muß auf Erfahrung aufbauen, die Erfahrung wird durch das Experiment gewonnen, mit dem die Theorie auf ihre Wahrheit geprüft wird, bevor sie zu Wissen wird.
Dieses Wissen gilt aber nur solange, bis es durch neuerliche Untersuchungen widerlegt wird. Ob eine solche Falsifikation der gegenwärtigen Wahrheit möglich ist, wissen wir nicht,
müssen es aber annehmen. Das führt zurück zur Weisheit des Sokrates: Ich weiß, daß ich nichts weiß. Die Domäne der Geisteswissenschaften ist die geistige Welt. Sie versuchen mit der aus den Erkenntnissen der
Vergangenheit erworbenen Weisheit eine Grundlage für die Deutung der Zukunft zu formen. Sie müssen aber immer wieder erfahren, daß das in der Vergangenheit erworbene Wissen durch neuere Erkenntnisse aus der geistigen und der
materiellen Welt oft wieder in Frage gestellt wird. Oft genug reden dabei Naturwissenschaftler und Geisteswissenschaftler aneinander vorbei. Sie sind aber Teil der gleichen Welt und beeinflussen sich gegenseitig.
Das ‘Wie’ der Philosophie, das ‘Was’ der Theologie und das ‘Warum’ der Naturwissenschaft müssen zueinander finden zu einer Wissenschaft um unsere Zukunft gemeinsam zu
gestalten. Diese Wissenschaft möchte ich in Anlehnung an die Kosmologie, einer Naturwissenschaft, und der Philosophie, einer Geisteswissenschaft, Kosmosophie nennen.
Literaturquellen
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